Wenn Worte nichts mehr zählen: Union, AfD und das Ende des Anstands
Manchmal fragt man sich ja, ob die politische Realität in #Berlin ein schlechter Sketch ist – nur dass niemand lacht. Während im #Bundestag der Opfer des #Nationalsozialismus gedacht wurde, entschied sich die Union nur wenige Stunden später dafür, zusammen mit genau jener Partei abzustimmen, die mit demokratiefeindlichen Positionen hausieren geht wie ein schlechter Marktschreier. Und weil mir dieser Vorgang nicht nur sauer aufgestoßen ist, sondern mich als Wähler im Wahlkreis von Alois Rainer direkt betrifft, habe ich ihm geschrieben. Nicht weil ich glaube, dass eine einzelne Mail die Welt verändert – sondern weil Schweigen garantiert gar nichts verändert. Hier ist, warum ich mich zu Wort gemeldet habe.
Guten Tag, Herr Rainer,ich schreibe Ihnen als Wähler aus Ihrem Wahlkreis, weil ich mir Sorgen um die aktuelle politische Entwicklung in Deutschland mache.
Die gestrige namentliche Abstimmung im Bundestag zur Drucksache 20/14698 hat mich, gelinde gesagt, schockiert. Während am Morgen noch der Opfer des Nationalsozialismus gedacht wurde, stimmte Ihre Fraktion im Anschluss zusammen mit den Rechtsextremen der AfD ab.
Das geschah, obwohl Friedrich Merz noch wenige Wochen zuvor jede Zusammenarbeit – egal ob „zufällig oder tatsächlich herbeigeführt“ – konsequent ausgeschlossen hatte. Davon war gestern nicht mehr viel zu merken.
Heute rudert er dann wieder zurück und verspricht, nach der Wahl auf eine Zusammenarbeit mit der AfD zu verzichten. Nur: Wie soll man ihm das noch glauben, nachdem er nicht einmal 24 Stunden zuvor sein eigenes, nur wenige Wochen altes Wort gebrochen hat?
Dass selbst Dr. Angela Merkel – gewohnt diplomatisch, aber dennoch in bemerkenswerter Schärfe – dieses Verhalten kritisiert, sollte Ihnen zu denken geben. Ebenso, dass sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche scharfe Kritik üben.Wie passt das zum „C“ im Namen Ihrer Partei?
Nun hatte die gestrige Abstimmung zur Drucksache 20/14698 zunächst eher symbolischen Charakter, doch der Wunsch nach Abschottung soll morgen mit dem Zustrombegrenzungsgesetz tatsächlich beschlossen werden – und auch hier nimmt Friedrich Merz erneut billigend die Stimmen der AfD in Kauf. Das darf nicht passieren. Mit Nazis arbeitet man als aufrechter Demokrat nicht zusammen. Niemals.
Mir ist bewusst, dass Parteidisziplin und Fraktionszwang eine Rolle spielen und Sie im Februar wiedergewählt werden wollen. Aber am Ende ist jede*r Abgeordnete dem eigenen Gewissen verpflichtet – und ich hoffe sehr, dass Ihr Gewissen Ihnen sagt, dass eine Normalisierung der AfD nicht infrage kommt.
Diese Partei steht für Menschenfeindlichkeit, für Hetze, für einen Angriff auf unsere Demokratie. Wer ihr auch nur den kleinen Finger reicht, hilft dabei, dass sich ihre gefährliche Ideologie weiter ausbreitet – und Friedrich Merz hat ihr gestern gleich die ganze Hand gereicht.Ich erwarte von Ihnen als demokratisch gewähltem Abgeordneten eine klare Haltung gegen jegliche Zusammenarbeit mit der AfD und insbesondere, dass Sie dem zur Abstimmung gebrachten Gesetz nicht zustimmen. Es geht hier nicht nur um Parteipolitik, sondern um die Grundwerte unserer Demokratie.
Ich würde mich über eine Antwort von Ihnen freuen und hoffe sehr, dass Sie Ihre Verantwortung in dieser Sache ernst nehmen.
Mit freundlichen Grüßen